Leichenwagen


Interessante Kontroverse bei Anschaffung des Leichwagens zwischen Kirche und Gemeinde

Eine interessante Kontroverse zwischen der Gemeinde Kennelbach und Pfarrer Johann Gabl ergab sich im Jahre 1925. Bis zu diesem Jahr wurden die Toten der Gemeinde vom Sterbehaus zum Friedhof getragen. Da es oft schwer war, diese Träger zu bekommen, überlegte die Gemeinde, einen Leichenwagen anzuschaffen. Schon in der ersten Sitzung vom 4. Juni 1925 wurde jedoch die Sache vertagt, da sich bald größere Schwierigkeiten einstellten.

Der Pfarrer vertrat nämlich die Auffassung, daß es nicht dem Auftrag der Kirche entspreche, die Toten zum Friedhof zu fahren, sondern vielmehr zu tragen. Außerdem sei es für die Geistlichkeit und die Angehörigen des Toten nicht zumutbar, hinter stinkenden Pferden zu gehen. Trotzdem faßte die Gemeindevertretung schon am 11. November 1925 in einer außerordentlichen Sitzung mit einer Gegenstimme den Beschluß, um S 2.000,- von der Firma Johann Häfele & Comp. in Hohenems den Leichenwagen anzukaufen, der bereits von Herrn Sanitätsrat Dr. Bereuter un dem Vorsteher besichtigt worden sei.

Nun drohte der Pfarrer Johann Gabl, daß er bei Verwendung des von Pferden gezogenen Leichenwagens die Toten nicht mehr vom Sterbehaus abholen werde. Nach einem recht harten Schriftwechsel zwischen dem Herrn Pfarrer und der Gemeindevorstehung kam es jedoch schließlich doch zu einem Kompromiß.

In der Gemeindevertretungssitzung vom 28. Jänner 1926 wird ein Ansuchen des Herrn Pfarrers Johann Gabl vorgelegt, in dem dieser um finanzielle Unterstützung des Kirchenchores ansucht. Nun beschloß die Gemeindevertretung: "Die Gemeinde ist bereit, dem Kirchenchor eine jährliche Unterstützung zu gewähren, wenn sich die Leitung des Chores den Wünschen der Allgemeinheit anpaßt und sich der hochwürdige Herr Pfarrer wieder bereit erklärt, bei Verwendung der Leichenwagens die Begleitung vom Leichenhause aus vorzunehmen und damit seinen jetzigen Standpunkt der Gemeinde gegenüber ändert."

Zunächst war es aber noch nicht soweit. Pfarrer Gabl meinte, daß kein Zusammenhang zwischen einer Unterstützung des Kirchenchores und der Begleitung eines Toten durch den Herrn Pfarrer bestehe. Er bleibe bei seinem Standpunkt: Die Leiche wird nicht vom Leichenhaus zum Friedhof begleitet, wenn der Tote nicht getragen, sondern vom Leichenwagen gefahren wird.

Mit welchen Argumenten Pfarrer Johann Gabl schließlich doch dazu bewegt werden konnte, seine Haltung zu ändern, ist nicht bekannt. Jedenfalls konnte der Vorsteher Franz Anton Sieber in einer eigens einberufenen außerordentlichen Gemeindevertretungssitzung eine Zuschrift von Pfarrer Gabl vorlegen, in der dieser sich bereiterklärt, seinen bisherigen Standpunkt in der Leichenwagen-Angelegenheit aufzugeben, und die Gemeinde honoriert dieses Zugeständnis damit, daß sie einstimmig im Jahr 1926 eine "Remuneration" von S 350,- zuzuerkennen. Von 1926 bis 1974 wurden die Verstorbenen der Gemeinde Kennelbach mit dem Leichenwagen zum Friedhof gefahren.

Text: Chronik der Gemeinde Kennelbach